Zollflugplatzzwang in der EU aufgehoben
Bereits im Jahr 2020 passte die EU ihre Rechtsvorschriften so an, dass bei einem Flug aus der Schweiz in die europäische Zollunion unter bestimmten Voraussetzungen kein Zollflugplatz mehr angeflogen werden muss. Damit erlaubt das EU-Recht, dass aus der Schweiz jeder ausländische Flugplatz innerhalb der europäischen Zollunion direkt angeflogen werden darf. Die Mitgliedstaaten der EU können grenzüberschreitende Flüge aber nach wie vor gewissen Einschränkungen unterwerfen. Als Folge muss, wer einen Flug ins Ausland unternimmt, weiterhin genau hinschauen und sich gut vorbereiten.
Das Wichtigste vorweg: An der Zollabwicklung in der Schweiz hat sich aufgrund der Änderungen im EU-Recht nichts geändert. Die Schweizer Zollverordnung legt nach wie vor fest, dass alle Landungen und Abflüge von Luftfahrzeugen, die nach dem Zollausland starten oder vom Zollausland kommen, der zuständigen Zollstelle im Voraus gemeldet werden müssen. Die Zollanmeldung in der Schweiz beim Aus- und Rückflug entfällt also nicht. Auf grösseren Flugplätzen kann die Zollanmeldung vor Ort bei der Zollstelle erfolgen. Bei kleineren Flugplätzen ist hingegen das zur Verfügung gestellte Online-Formular zu verwenden, wobei man sich genau an das dort beschriebene Prozedere zu halten hat. Wichtig zu wissen ist, dass kleinere Flugplätze grundsätzlich nur dann aus dem Zollausland angeflogen werden können, wenn lediglich Waren zum privaten Gebrauch innerhalb der Freimengen und der Wertfreigrenze von CHF 300.- Gesamtwert mitgeführt werden. Ausführlichere Informationen zur Zollabwicklung in der Schweiz findet man auf der Webseite des Bundesamtes für Zoll und Grenzsicherheit unter dem Stichwort «grenzüberschreitende Flüge».[1]
Kleine, aber gewichtige Anpassung im europäischen Recht
Während die Vorschriften für die Zollabwicklung in der Schweiz also unverändert bleiben, sind die europäischen Zollnormen in einem gewichtigen Detail angepasst worden. Früher war es so, dass man zur Abwicklung der Zollformalitäten nach Einflug in das Zollgebiet der EU grundsätzlich auf einem Zollflugplatz landen musste. Auch für den Ausflug war die Benutzung eines Zollflugplatzes in der Regel vorgeschrieben. Zu diesem Grundsatz gab es schon früher Ausnahmen, die hier allerdings nicht mehr diskutiert werden müssen.
Neu lassen die europäischen Zollvorschriften bei Luftfahrzeugen ein Verfahren zur Zollabwicklung ausserhalb von Zollflugplätzen zu. Rechtlich verhält es sich so, dass bei einem Luftfahrzeug, das aus der Schweiz kommt, bereits das Überfliegen der Grenze zur Zollunion als Zollanmeldung gilt. Praktische Konsequenz aus dieser sogenannten konkludenten Zollanmeldung ist, dass nach dem Überflug der Grenze erstens kein Zollflugplatz mehr angeflogen werden muss und zweitens nach der Landung die eigentliche Zollabwicklung entfällt. Auch beim Rückflug in die Schweiz erfolgt die Anmeldung zum Verlassen der Zollunion alleine durch das Überfliegen der Grenze.
Dem vereinfachten Zollverfahren sind klare Grenzen gesetzt
Auch wenn diese Art der Zollanmeldung äusserst einfach und bequem klingt, so sind ihr doch klare Grenzen gesetzt. Von dieser Art der Zollabwicklung kann nur profitieren, wer mit einem Luftfahrzeug in die Zollunion einfliegt, das er später auch wieder ausführen möchte. Zudem dürfen keine Waren mitgeführt werden, die zu verzollen sind. So müssen beim Einflug in die Zollunion – analog zum Einflug in die Schweiz – Mengen- und Wertgrenzen z.B. bezüglich Alkohol oder Tabakwaren beachtet werden. Auch sonst wie verbotene oder beschränkte Waren wie z.B. Waffen oder gefährliche Stoffe dürfen nicht mitgeführt werden. Schliesslich ist auch sorgfältig abzuklären, welche zollrechtlichen Folgen entstehen, wenn im Ausland eine Reparatur vorgenommen werden muss. Kurzum können vom vereinfachten Zollverfahren vor allem jene profitieren, welche mit oder ohne Passagiere aus der Schweiz kommend in die Zollunion einfliegen, dort einen gemütlichen Tag oder erholsame Ferien verbringen und danach wieder nach Hause in die Schweiz fliegen.
Nationale Besonderheiten bleiben weiterhin bestehen
Bis hierhin wurde lediglich darauf eingegangen, was die europäischen Vorschriften im Grundsatz festlegen. In Sachen Zoll geniessen die Mitgliedstaaten der EU jedoch einen gewissen Handlungsspielraum. Insbesondere erlaubt das europäische Recht den Mitgliedstaaten, die Einhaltung der Zollvorschriften zu kontrollieren. Es ist also jederzeit möglich, dass nach der Landung im europäischen Zollgebiet eine Zöllnerin oder ein Zöllner auftaucht und eine Zollkontrolle durchführt. Dabei dürfen die Beamtinnen und Beamten auch das Flugzeug inspizieren und Papiere überprüfen.
Damit solche Kontrollen effektiv durchgeführt werden können, lässt das europäische Recht den Mitgliedstaaten die Möglichkeit, eigene Vorschriften zu erlassen. So verpflichten Deutschland und Österreich bestimmte Flugplätze dazu, den Zollbehörden vorab mitzuteilen, wenn ein Flugzeug aus der Schweiz landet, damit die Behörden auf dem Platz zur Kontrolle erscheinen können. Dieser Pflicht können die Flugplätze allerdings nur nachkommen, wenn sie einige Zeit vor der Landung über das aus der Schweiz kommende Flugzeug informiert werden. Aus diesem Grund stellen verschiedene Flugplätze auf ihren Webseiten den Pilotinnen und Piloten ein Meldeformular zur Verfügung, das einige Zeit vor der Landung ausgefüllt werden muss. Die Anmeldung über diese Webseite ist dann allerdings keine Zollanmeldung, auch wenn die entsprechenden Formulare der Flugplätze manchmal so übertitelt sind. Vielmehr handelt es sich um eine Vorinformation an den Flugplatz, damit dieser seiner Meldepflicht gegenüber den Zollbehörden nachkommen kann. Mit anderen Worten muss also bei jedem Flug ins Ausland nochmals genau überprüft werden, welche nationalen Besonderheiten für den anzufliegenden Flugplatz gelten.
Die Situation in Deutschland im Detail
In Deutschland werden die Flugplätze aus zollrechtlicher Sicht in drei Kategorien eingeteilt: erstens die Zollflugplätze, zweitens die besonderen Landeplätze und drittens die übrigen verkehrsrechtlich zugelassenen Flugplätze. Der deutsche Zoll stellt auf seiner Webseite[2] Listen zur Verfügung, aus denen die Kategorie eines Flugplatzes ersichtlich ist. Je nachdem, welcher Kategorie der gewählte Flugplatz angehört, ist das Zollverfahren nämlich ein anderes:
Zollflugplätze sind jene Flugplätze, die eine Zollstelle vor Ort haben. Dazu gehören z.B. die Flughäfen Friedrichshafen, Augsburg oder Stuttgart. Wenn diese aus der Schweiz angeflogen werden oder von diesen in die Schweiz zurückgeflogen wird, erfolgt die Zollanmeldung zwingend vor Ort am Flugplatz, indem man bei der Zollstelle vorbeigeht und dort den grünen oder roten Kanal nimmt. Fliegt man einen Zollflugplatz zu den im AIP angegebenen Öffnungszeiten an, braucht man sich regelmässig nicht schon vor dem Flug bei der Zollstelle zu melden, um diese über den Flug zu orientieren. Es gibt hier aber leider keinen deutschlandweiten Standard. Während nämlich die Zollstellen an den Flugplätzen Augsburg, Friedrichshafen oder Stuttgart keine Vorabinformation per E-Mail oder Telefon benötigen, wünscht die Zollstelle am Flugplatz Memmingen (Bild) eine Ankündigung des grenzüberschreitenden Fluges über das auf der Webseite des Flugplatzes zur Verfügung gestellte Formular. Bei der Benützung eines Zollflugplatzes in Deutschland kommt man also nicht darum herum, sich vorher zu erkundigen, ob die lokale Zollstelle eine Ankündigung des Fluges benötigt oder nicht.
Besondere Landeplätze sind Flugplätze, auf denen schon früher ein gewisser Zollverkehr abgewickelt werden konnte. Eine fixe Zollstelle ist bei diesen Landeplätzen allerdings nicht vor Ort. Nichtsdestotrotz können diese besonderen Landeplätze direkt aus der Schweiz angeflogen oder von diesen direkt in die Schweiz zurückgeflogen werden. Die Zollanmeldung erfolgt dabei konkludent durch das Überfliegen der Grenze. Weil aber keine Zollbeamtinnen und Zollbeamten fix vor Ort sind, sind die besonderen Landeplätze verpflichtet, die Zollbehörden über Flüge aus oder ins Zollausland vorab zu informieren. Daher müssen sich Pilotinnen und Piloten vor dem Flug bei den besonderen Landeplätzen melden, damit die Landeplätze ihre Pflichten erfüllen können. Die besonderen Landeplätze stellen zur Meldung in der Regel ein Online-Formular zur Verfügung. Nur aufgrund dieser Meldung ist es den Zollbehörden möglich, für Stichproben auf dem Landeplatz vorbeizukommen, um das Einhalten der Zollvorschriften zu überprüfen.
Alle Flugplätze, die weder zu den Zollflugplätzen noch zu den besonderen Landeplätzen zählen, gehören zu den übrigen verkehrsrechtlich zugelassenen Flugplätzen. Diese Flugplätze verfügen über keine Zollstelle und konnten daher früher nicht direkt aus der Schweiz angeflogen werden. Mit der Änderung des europäischen Rechts ist dies neu möglich. Auch ein Rückflug direkt in die Schweiz ist von diesen Flugplätzen aus erlaubt. Die Flugplätze dieser Kategorie sind allerdings nicht verpflichtet, die Zollbehörden über die grenzüberschreitenden Flüge vorab zu informieren. Damit müssen sich auch die Pilotinnen und Piloten vor einem grenzüberschreitenden Flug nicht melden. Mit anderen Worten ist die Freiheit auf solchen Plätzen am grössten, da hier bei grenzüberschreitenden Flügen keinerlei vorgängige Information an den Flugplatz erfolgen muss.
In Österreich ändert sich mit dem neuen EU-Recht nichts
Während in Deutschland die neue EU-Regelung tatsächlich zu einer Vereinfachung der Zollabwicklung geführt hat, ändert sich in Österreich mit der Änderung im europäischen Recht in praktischer Hinsicht nichts. Auch Österreich unterscheidet – ähnlich wie Deutschland – zwischen drei Kategorien von Flugplätzen: Hier gibt es erstens die Zollflugplätze, zweitens die Flugfelder, auf denen ein gewisser Grenzverkehr zulässig ist, sowie drittens die übrigen Flugfelder. Je nach Kategorie des angeflogenen Flugplatzes sind grenzüberschreitende Flüge aus oder in die Schweiz möglich:
Zollflugplätze sind jene Flughäfen, auf denen eine Zollstelle eingerichtet ist. Zu dieser Kategorie von Flugplätzen gehören z.B. die Flughäfen Innsbruck oder Salzburg. Aus dem AIP geht hervor, wann die dortigen Zollstellen geöffnet sind. Während deren Öffnungszeiten können diese Flugplätze für grenzüberschreitende Flüge verwendet werden. Die Zollanmeldung erfolgt bei diesen Flugplätzen zwingend direkt vor Ort.
Neben diesen Zollflugplätzen erlaubt Österreich die Zollabwicklung auf vielen weiteren Flugfeldern, die über keine eigene Zollstelle verfügen. Voraussetzung für einen Direktflug in oder aus der Schweiz ist allerdings, dass keine zu verzollenden Waren mitgeführt werden. Mit anderen Worten müssen also die oben aufgeführten Voraussetzungen für eine konkludente Zollanmeldung beim Überfliegen der Grenze zur Zollunion erfüllt sein. Diejenigen Flugfelder, auf denen ein solcher beschränkter Grenzverkehr möglich ist, sind in der Flugfelder-Grenzüberflugsverordnung 2013 aufgelistet. Auch das österreichische AIP gibt unter GEN 1.2-2 Auskunft darüber. Die Flugfelder-Grenzüberflugsverordnung 2013 hält allerdings ebenso fest, dass die verantwortliche Pilotin oder der verantwortliche Pilot bei einem grenzüberschreitenden Flug in oder aus einem Nicht-EU-Land dem Flugfeld vorab diverse Informationen wie Kennzeichen des Luftfahrzeuges, Landezeit oder Namen der Crew und der Passagiere mitteilen muss. Fliegt eine Pilotin oder ein Pilot aus der Schweiz nach Österreich, hat die entsprechende Meldung vor dem Abflug abgeschickt zu werden. Beim Rückflug muss die Meldung bis spätestens eine Stunde vor dem Start erfolgen. Der Flugplatz leitet diese Informationen dann an die zuständigen Behörden weiter, damit diese bei Bedarf die Einhaltung der Zollvorschriften überprüfen können. Um einen reibungslosen Ablauf zu ermöglichen, bieten verschiedene Flugplätze ein Online-Formular an und erläutern dort auch das genaue Vorgehen.
Daneben gibt es in Österreich noch ein paar kleine Flugfelder, die weder über eine Zollstelle verfügen noch in der Flugfelder-Grenzüberflugsverordnung 2013 aufgelistet sind. Diese Flugfelder dürfen für grenzüberschreitende Flüge aus oder in die Schweiz nach wie vor nicht benutzt werden. Ob dies in Übereinstimmung mit dem übergeordneten EU-Recht ist, muss hier offengelassen werden. Jedenfalls ist eine Pilotin oder ein Pilot sicher gut beraten, wenn er im AIP nachschlägt, welche zollrechtlichen Vorschriften für den anzufliegenden Flugplatz gelten. Auch wenn Zweifel an der EU-Konformität der entsprechenden österreichischen Vorschriften berechtigt sind, sollten diese in jedem Fall eingehalten werden.
Gute Vorbereitung ist nach wie vor unerlässlich
Damit zeigt sich, dass die Änderungen im europäischen Recht teilweise zu einer Vereinfachung der Zollabwicklung führen, teilweise aber auch nicht. Der Spielraum, welcher den EU-Mitgliedstaaten zukommt, um die Einhaltung der Zollvorschriften zu überprüfen, ermöglicht ihnen, nationale Regelungen einzuführen, die es stets abzuklären gilt. Zudem sind bei grenzüberschreitenden Flügen nicht nur die zollrechtlichen Bestimmungen zu beachten. Zu berücksichtigen sind auch luftrechtliche Vorschriften wie z.B. die Pflicht zur Aufgabe eines Flugplans bei grenzüberschreitenden Flügen, wobei ein solcher Flugplan im Übrigen die zollrechtlichen Formalitäten nicht ersetzen kann. Ebenso haben verschiedene Staaten im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie gesundheitspolizeiliche Normen erlassen, die grenzüberschreitende Flüge einschränken. Eine umfassende Vorbereitung bei grenzüberschreitenden Flügen ist also immer noch unerlässlich, zumal Rechtsvorschriften auch ändern können. Gut beraten ist damit, wer vor dem grenzüberschreitenden Flug auf dem Flugplatz in der Zollunion anruft und sich über die geltenden Vorschriften und lokalen Besonderheiten informiert. Von einem freien Luftverkehr über Grenzen hinweg sind wir also nach wie vor weit entfernt.
[1] Siehe https://www.bazg.admin.ch/bazg/de/home/information-private/waren-anmelden/einfuhr-in-die-schweiz/grenzueberschreitende-fluege.html.
[2] Die Liste der Zollflugplätze ist zu finden unter https://www.zoll.de/DE/Fachthemen/Zoelle/Erfassung-Warenverkehr/Befoerderungspflicht/Zollstrassenzwang/liste_zollflugplaetze.html; die Liste der besonderen Landeplätze und übrigen verkehrsrechtlich zugelassenen Flugplätze unter https://www.zoll.de/DE/Fachthemen/Zoelle/Erfassung-Warenverkehr/Befoerderungspflicht/Zollstrassenzwang/liste_andere_verkehrsrechtlich_zugelassene_flugplaetze.html.