100 Jahre Segelflug in Bern

Vor genau einhundert Jahren gründeten sechs junge Männer, allesamt vom «virus aviaticus» infiziert, den «flugtechnischen Verein» – der Segelflug in Bern war geboren. Achtzig dieser einhundert Jahre Fluggeschichte konnten die Besucherinnen und Besucher am Tag der offenen Tür der Segelfluggruppe Bern live erleben.

In Zusammenarbeit mit den Kollegen der Stiftung Segelfluggeschichte wurden Flugzeuge aus den dreissiger und vierziger Jahren per Gummiseilstart in die Luft über dem Belpmoos gebracht. Mehrere hundert Besucherinnen und Besucher, vom Grossvater bis zur Enkeltochter, konnten auf einer Leinwand über eine Live-Schaltung zusehen, wie zwanzig Gummihunde an zwei Seilen eine Spalinger S 19, eine Moswey und eine Ka 8 nur mit der Kraft von Muskeln und Elastizität in die Luft katapultierten. Wer dann schnell genug den Platz wechselte, sah das älteste noch flugfähige Leistungssegelflugzeug der Schweiz Sekunden später über der Kante des Längenbergs auftauchen und in langsamen, eleganten Kreisen über dem Hühnerhubel zur Landung auf einem der traditionsreichsten Sportplätze des Kantons Bern einschweben – dem Segelfluggelände der SG Bern.

Eine Flugzeugausstellung führte den Gästen zum Greifen nah die Entwicklung des Segelflugs in Bern vor Augen: vom Zögling, einer primitiven Holzkonstruktion, in Grossserie gebaut von der «Flugtechnischen Zentrale» auf dem Flugplatz, auf der die Flugschülerinnen und Flugschüler ohne Begleitung eines Lehrers das Fliegen und Landen lernen mussten, bis zur hochmodernen DG 800 mit einer Gleitzahl von 1:50 (1000 m Höhe ergeben 50 km Strecke), mit der von Bern aus schon einmal Dreiecksflüge nach Südtirol, Südfrankreich und wieder zurück durchgeführt werden.

Über Mittag waren die Tische im Hangar voll besetzt, der Grill lief heiss, und die Festwirtschaft hatte alle Hände voll zu tun, um die hungrigen Gäste mit Speis und Trank zu versorgen. Auf grossen Bildschirmen zeigten Filmaufnahmen verschiedener Vereinspiloten die Herausforderung, aber auch die Schönheit des Leistungssegelflugs in den Hochalpen. Beim Spaziergang über das Festgelände konnten die  Besucher die Tafeln des Segelflugwegs studieren, mit ehemaligen Pilotinnen und Piloten über die alten Zeiten diskutieren oder sogar selbst in einem virtuellen Segelflugzeug Platz nehmen, um unter Anleitung an einem Flugsimulator das eigene Pilotenpotential zu testen.

Passagierflüge im Windenstart

Ein Höhepunkt waren die Passagierflüge im Windenstart. Die SG Bern bemüht sich seit Jahren, den Start an der Winde wieder im Belpmoos anzusiedeln. Ein Zukunftsprojekt mit einer Elektrowinde und einem langen Schleppseil soll den Segelflug ab Bern weitgehend CO2-neutral machen. Ganz so weit war es am Jubiläumstag noch nicht; die vereinseigene Berna-Winde spickte mutige Passagiere zusammen mit einem Fluglehrer im Doppelsitzer steil in den Himmel für eine ausgedehnte Platzrunde. Alle, die mitflogen, waren restlos begeistert; «So stell ich mir den Flug im Spaceshuttle vor» war ein oft gehörter Satz, mit dem die Startleistung an der Winde kommentiert wurde. Mit dem letzten Windenstart des Tages wurde sogar der Zögling noch – seinem Alter entsprechend mit sanftem Zug – in die Luft gebracht; ein absolutes Highlight für Segelflug-Fans und ein würdiger Abschluss für ein rundum gelungenes Segelflugfest.